Leben & Werk Christoph Rütimann

Christoph Rütimann
* 1955 in Zürich
lebt und arbeitet in Müllheim (TG)

 

Christoph Rütimann ist in Zürich geboren und in Schiers (Graubünden) aufgewachsen. Nach dem Primarlehrerpatent besucht er von 1976-1980 die Schule für Gestaltung in Luzern, die er mit dem Zeichenlehrer-Diplom abschliesst. Nach vielen Jahren in Luzern zieht er 1999 mit seiner Lebenspartnerin, der Schriftstellerin Zsuzsanna Gahse, nach Müllheim (Thurgau), wo er seither lebt. Ab 1981 zeigt er sein Schaffen an zahlreichen Ausstelllungen und Performances im In- und Ausland. 1993 vertritt er die Schweiz an der Biennale von Venedig. 2007 folgt eine grosse Retrospektive im Kunstmuseum St. Gallen und Kunstmuseum Thurgau, 2008 eine ebensolche im Kunstmuseum Bonn. Für sein Werk erhält Christoph Rütimann diverse Auszeichnungen, unter anderen 1989 den Conrad-Ferdinand Meyer-Preis für Bildende Kunst, Zürich; 1989 und 1992 das Eidgenössische Kunststipendium; 1990 den Nordmann-Kunstpreis, Luzern (heute: Manor-Kunstpreis); 1995 den Eidgenössischen Preis für freie Kunst; 2004 den Internationalen Kunstpreis des Landes Vorarlberg; 2007 den Kunst- und Kulturpreis der Stadt Luzern und 2012 den Straubenzeller Kunstpreis, St.Gallen.

Das künstlerische Werk Christoph Rütimanns ist seit den Anfängen ein vielfältiges und vielgestaltiges. Es reicht von (Klang-)Performances, Polaroidfotografien und anderen Fotografien, Malereien, Zeichnungen, bis zu Skulpturen, Objekten und Installationen, Video und Videoinstallationen. Es handelt sich dabei um zahlreiche unterschiedliche Werkgruppen, die der Künstler zeitlich gesehen parallel bis heute weiterentwickelt. Bei aller Verschiedenartigkeit der verwendeten Materialien und Medien lassen sich in den Arbeiten doch Gemeinsamkeiten entdecken: der den Werken zu Grunde liegende konzeptionelle und performative Ansatz, der Kalkül und Zufall gleichermassen einschliesst. Seine künstlerischen Auseinandersetzungen sind getrieben von der Frage, wie sich ihm die Welt mittels Linie, Fläche und Raum mitteilt: die Linie als zwei- oder dreidimensionale Markierung, aber ebenso das Spiel mit der Schwerkraft und der Perspektive. Eine Faszination für naturwissenschaftliche und wahrnehmungstheoretische Fragestellungen ist zu erkennen.

Als Vertreter einer jungen Szene in den 1980er Jahren sucht Rütimann mittels der Performance aus den gestalterischen Konventionen seines Umfeldes auszubrechen und andere Fragestellungen und neue Perspektiven darzulegen. Diese Form der Auseinandersetzung findet sich bereits in einer frühen Fotoarbeit über die bis heute gerne und vielfach verwendete Farbe gelb, wo der Künstler der in die Luft geworfenen Kamera den Zufall des festgehaltenen Bildes überlässt und dabei den gewohnten Blick und die überlieferten Normen vergessen lässt. Einen Eingang in die Auseinandersetzungen mit Institutionen findet Rütimanns Performance Hängen am Museum I / II, wo der Luzerner Künstler nicht nur seiner Verbundenheit zum (Luzerner) Kunstmuseum (Altbau, 1994 und Neubau. 2002) zum Ausdruck bringt, sondern ebenso Wind und Wetter in konsiderabler Höhe und in solitärer, aber exponierter Position ausgesetzt, die existentielle Situation der Kunst und des Künstlerdaseins thematisiert. Oder 2000, wo er anlässlich seiner Einzelausstellung auf dem First des Berner Kunsthalledaches sitzt und diesen sprichwörtlich als auch symbolisch in Besitz nimmt. Exemplarisch findet sich in den erwähnten und weiteren Auseinandersetzungen, die von konzeptueller Schärfe und elementarer Befragung der Medien und Gattungen gezeichnet sind, die Notwendigkeit des Künstlers, in seinem vielfältigen und poetischen Werk jeweils grundlegend über die Dinge in der Welt nachzudenken.

Man könnte die einzelnen Materialien und die mit ihnen verbundenen Fragen, die immer wieder auftauchen, als Spielsteine bezeichnen - geht es doch dem Künstler offensichtlich nicht so sehr darum, eine Entwicklung im Sinne eines Fortschritts in eine bestimmte Richtung voranzutreiben. Vielmehr lässt sich bei Christoph Rütimann ein Ausloten in verschiedene Richtungen feststellen, ein Ausschwärmen, auf welches ein Sich-Beschränken durch eine Reduktion der Mittel oder ein Wieder-zurück-Kehren zum früher Realisierten folgt, das allerdings durch die neue Verortung stets aktualisiert wird.

 

Christoph Rütimann ist einer der bedeutendsten Schweizer Künstler seiner Generation, der mit seinem unverkennbaren Vokabular immer wieder von Neuem die Welt erkundet.

www.christophruetimann.ch

Christoph Rütimann wird von der Galerie Mai 36, Zürich, und Skopia Art contemporain, Genf, vertreten.

Isabel Fluri

 

 

Werke sortiert nach Titel ↑JahrGattung

Bild Informationen Beschreibung

Christoph Rütimann

Gewicht in Gips (680 Gramm)

2005

Waage und Gips

Masse 25,1 x 79,9 x 35 cm

Skulptur

Das kleine, von Gips überwältigte Waagenobjekt gehört zu den Waagenarbeiten, die im Schaffen des Künstlers eine sprichwörtlich gewichtige Bedeutung innehaben. Es handelt sich um eine kleine Küchenwaage, die durch Übergiessen von flüssigem Gips ans Ende ihrer Skala gebracht wird. Was gemessen wird, ist die Masse, die durch den aktionistischen Prozess... [ Weiter ]

Christoph Rütimann

L'Escalier de la princesse

1990

Installation mit 195 Personenwaagen (14 bis 1 Stück in 26 Lagen treppenartig aufgestapelt)

Masse 136 x 378 x 32 cm

Installation

Christoph Rütimanns Arbeit mit dem diverse Assoziationen weckenden Titel L\'escalier de la princesse besteht aus einer zunächst kaum abschätzbaren Anzahl treppenartig aufgeschichteter mechanischer Personenwaagen, die sich zu einer beträchtlichen Plastik auftürmen. Die schlichten, weissen und in einem flachen Quader geformten Waagen und... [ Weiter ]

Christoph Rütimann

Ohne Titel

1989

Tusche auf Zerkallpapier, auf Kunststoff-Platte aufgezogen

Masse 173 x 367 cm (mit Rahmen)

Zeichnung

Christoph Rütimanns grossformatige Tuschezeichnung Ohne Titel (1989) erweckt den Anschein von Bewegung und Bewegtheit. Die Linien - Striche, Bögen, die teils wie zufällig gekritzelt, teils absichtlich und präzis gesetzt scheinen - formieren sich zu einem dynamischen Feld oder einer bewegten Struktur. Die ausserordentliche Dimension der Zeichnung lässt... [ Weiter ]