Tisch mit 11 Zeichnungen (Ritzungen/ Zerfliessen), 1993-98
Auf den Blättern von Silvia Bächlis Tisch mit 11 Zeichnungen (Ritzungen / Zerfliessen) und Tisch mit 8 Zeichnungen (Körper) sind vage an Landschaften erinnernde oder organisch wirkende Formen zu sehen. Indes sind die Darstellungen meistens nicht so sehr die präzise, unserem Auge hinlänglich bekannte Wiedergabe eines bestimmten Gegenstandes; vielmehr manifestiert sich in ihnen eine aus dem Gesamteindruck sämtlicher Blätter erwachsende Stimmung oder Atmosphäre, die motivische Assoziationen weckt. Die Art der Korrespondenz, die sich zwischen den einzelnen Blättern der Auslage ergibt, ist auf diesem Tisch mit Gouachen, Kreide-, Kohle- und Ölpastellzeichnungen geradezu offensichtlich: „Familien" - so werden diese Gruppen von der Künstlerin genannt - ergeben sich nicht nur aus einer das Motiv betreffenden Übereinstimmung, wie dies in besonderer Weise bei jenen Zeichnungen der Fall ist, die Fragmente des menschlichen Körpers oder Landschaftliches darzustellen scheinen. Genauso selbstverständlich konstituieren sich derlei Familien aufgrund einer bestimmten Zeichentechnik oder des durch eine gewisse Technik hervorgebrachten Effekts. Im vorliegenden Beispiel sind solche vielerorts manifesten Effekte namentlich die Ritzungen und das Zerfliessen, die sowohl in den Zeichnungen visualisierten wie auch im Titel der Arbeit genannten Zustände oder Prozesse.
Die Auslage von Tisch mit 11 Zeichnungen ist - dem mit Schrägstrich oder Gliederungszeichen getrennten Doppeluntertitel entsprechend - in zwei Kompartimente eingeteilt. Die so voneinander unterschiedenen, jedoch durch die Einheit des Tisches klar verbundenen Bereiche bilden einen Rahmen oder eine Umgebung für Zeichnungen, wie man sie in einer anderen - üblicheren - Präsentationsform solcher Blätter, der Hängung, niemals finden würde. Gerade durch diese Aufteilung wird aber auch deutlich, wie different Silvia Bächlis sich gleichende Blätter eigentlich sind und wie präzis und bewusst also die Auswahl sein muss, welche die Künstlerin im Laufe ihres Arbeitsprozesses vornimmt. Da ist die Vielfalt in den flächigen, „gefüllten" Formen, die verschiedenartigen feinen Ausfransungen, die sich vermutlich aus dem der Zeichnungsarbeit vorgängigen Wässern der Blätter ergeben haben, und die diversen Tönungen und Formate des Papiers, die nicht zuletzt auch den langen Zeitraum der Entstehung dieser Zeichnungen bezeugen. Die Sichtung und Umgruppierung unzähliger, oft über eine Zeitspanne von mehreren Jahren entstandener Zeichnungen stellt eine Art objektivierendes Moment dar, führt jedoch nicht zu einer definitiven - im Sinne von abschliessender, endgültiger - Auswahl und Anordnung. Vielmehr lässt sich bei Silvia Bächlis Arrangements, ob es sich um die Tische oder die gruppenweisen Hängungen handelt, von „provisorischen Behauptungen" (Ulrich Look) sprechen.
IF