Leben & Werk Skulptur Jean-Frédéric Schnyder
Jean-Frédéric Schnyer
* 1945 in Basel
lebt und arbeitet in Zug
Jean-Frédéric Schnyder wächst im Waisenhaus von Bern auf. Von 1962-1965 absolviert er eine Lehre als Fotograf in Olten. Ab 1966 entstehen vom Autodidakten erste freie Arbeiten, vor allem Objekte, die der Pop Art nahe stehen. Es folgen konzeptuelle Werke. 1969 nimmt der Künstler an der legendären Ausstellung When Attitudes Become Form in der Kunsthalle Bern teil. Ab 1970 beschäftigt sich der Künstler mit der Ölmalerei. Von Harald Szeemann, Jean-Christophe Ammann und Toni Gerber geschätzt und gefördert, erhält der Künstler auch in seinem weiteren Schaffen Einladungen zu bedeutenden Ausstellungen, wie 1972 an die documenta 5 und 1982 an die documenta 7 in Kassel. In der Folge präsentiert der Künstler in national und international renommierten Institutionen seine Werke. 1993 vertritt er die Schweiz an der Biennale von Venedig. Dass der Künstler an der Biennale von Venedig 2013, die sich dem enzyklopädischen Palast widmet, nicht fehlen kann, versteht sich von selbst. Mit seinen eigensinnigen Bild- und Werkgestaltungen gehört Schnyder zu den bedeutendsten Schweizer Künstlern mit internationalem Renommee.
Das breit gefächerte, vielschichtige Werk von Jean-Frédéric Schnyder umfasst Ölmalerei, Zeichnung und Aquarell, Skulptur und Objektkunst, Environment und Fotografie. Von grosser Breite ist auch sein Stilwollen, das von der Pop Art über die Konzeptkunst bis hin zu einer figurativen, symbolistischen und realistischen aber auch naiven Formensprache bis zu abstrakter Farbfeldmalerei reicht. Der Stilpluralismus, den der Solitär Schnyder jenseits von Strömungen und Diskursen pflegt, bedeutet für ihn kein Programm.
Die traditionell anmutende Ölmalerei, die er nach fotografischen Experimenten und taktilen Objektinstallationen ab 1970 pflegt, ist als Absage an Tendenzen des aktuellen Kunstbetriebs zu verstehen, die der Malerei in dieser Form keinen Raum mehr geben will. Zugleich ist sie Zuwendung an eine Maltradition auf abgelegenem Terrain, der er sich thematisch widmen möchte, auch wenn sie in das Reich des Kitsch und der Sonntagsmalerei hineinführt. Es entstehen auch Aquarelle, die sich der Bildsprache des Comic und der Werbegrafik bedienen und sich der Trivialkultur zuwenden.
Im 12 Meter langen Wandtuch Apocalypso, 1976-78, finden Schnyders Ideenvielfalt und Ungebundenheit in der Auseinandersetzung mit Leben, Tod und Hoffnung ihren Ausdruck.
Der Künstler versteht sich als Schaffender und Handwerker, der jede Tendenz in Frage stellen will und sich mit seiner alltäglichen Arbeit tatkräftig mit seiner Zeit auseinandersetzt. Es entstehen in der Folge Serien aus kleineren Formaten, die von seiner unmittelbaren Umgebung erzählen. Oft sind es unspektakuläre Ansichten oder überstrapazierte Motive, denen er sich mit Augenzwinkern zuwendet. Die zusammenhängenden Serien sind strengen konzeptuellen Regeln unterworfen: das gleiche Format (mit dem Velo transportierbar), die tagtägliche Arbeit, die sichtbar macht, wie der Künstler es sieht. So hält er in seinen 126 Berner Veduten zwischen 1982-83 die Umgebung seines damaligen Wohnortes fest. Schliesslich malt er 1988-89, im immer gleichen Ausschnitt, über hundert Wartsäle und Bänkli oder hält bei seiner Wanderung von St. Margreten bis Genf, 1992-93, die stattliche Anzahl von 119 Autobahnansichten fest, die im selben Jahr an der Biennale von Venedig präsentiert werden. 1998 widmet er sich in derselben Manier einer Reihe von Sonnenuntergängen.
„Farbe auftragen – was ist Malerei schon anderes? Es spielt keine Rolle, ob ich aus dem Kopf oder nach der Natur arbeite. Ich wäre noch so froh, ich hätte eine Richtung.“ Dass Schnyder sich intensiv mit dem Kunstschaffen und seiner Umwelt beschäftigt und das „Normale“ sucht, ist evident: nicht aus purer Ironie, sondern im Versuch einer Weltannäherung, um diese im Alltagsleben zu verankern, mit Themen, die jeden Menschen, wohl in unterschiedlicher Weise, bewegen und miteinander verbinden.
Jüngste Werke des Künstlers besitzen ebenso irritierendes Potential. Es sind Objekte, bravouröse Schnitzereien aus Holz, die in einen Kosmos alltäglicher Gegebenheiten – Bett, Komode, Uhr - einführen, die zwischen Heimatkunst, Basteleien, zeitgenössischem Kunstwollen und persönlichem Dasein changieren.
Der Künstler wird von der Galerie Eva Presenhuber vertreten.
Esther Maria Jungo
Werke sortiert nach Titel ↑Jahr
Bild | Informationen | Beschreibung |
---|---|---|
Jean-Frédéric Schnyder Figur1977 Tannenholz, polychrom bemalt, auf Sandsteinsockel Masse Figur: 155 x 9 x 10 cm Sockel: 24 x 24 x 24 cm Skulptur |
Die Beschäftigung mit Skulpturen und Objekten ist im Werk von Jean-Frédéric Schnyder, trotz grosser Diversität in Gattung und Stil, in den frühen Jahren seltener anzutreffen als das bildnerische Schaffen auf Leinwand und Papier. An der documenta 5 1972 ist der Künstler in der Abteilung der „Individuellen Mythologien\" u.a. mit der Skulptur... [ Weiter ] |
|
Jean-Frédéric Schnyder Torso1980 Holz, teilweise mit Ölfarbe bemalt auf Glas-/Chromsockel Masse "Figur: 47,2 x 32,2 x 9,6 cm Sockel: H 112 cm; ø 49,5 cm" Skulptur |
Die Beschäftigung mit Skulpturen und Objekten ist im Werk von Jean-Frédéric Schnyder, trotz grosser Diversität in Gattung und Stil, in den frühen Jahren seltener anzutreffen als das bildnerische Schaffen auf Leinwand und Papier. An der documenta 5 1972 ist der Künstler in der Abteilung der „Individuellen Mythologien\" u.a. mit der Skulptur... [ Weiter ] |