Leben & Werk Helmut Federle
Helmut Federle
* 1948 in Solothurn
lebt und arbeitet in Wien und Camaiore (Italien)
Helmut Federle wächst in der Ostschweiz (St. Margrethen) auf und absolviert von 1964-69 die Allgemeine Gewerbeschule in Basel, wo er unter anderem von Franz Fedier unterrichtet wird. Ende der 1960er Jahre führen ihn Reisen nach Tunesien, Afghanistan, Indien und Nepal. Nach einem Stipendienaufenthalt der Stadt Basel in der Cité Internationale des Arts in Paris folgen zahlreiche Ausstellungen, vorerst in der Schweiz, im Verlauf der 1980er Jahre und in der Folgezeit ebenso international.
1969 und 1971 erhält der das Eidgenössische Kunststipendium. 1997 vertritt er die Schweiz an der Biennale in Venedig. Von 1999 bis 2007 ist er Professor für Malerei an der Kunstakademie in Düsseldorf. 2008 wird er mit dem Prix Aurélie-Nemours ausgezeichnet. Im Winter 2012/13 hat er eine umfassende Einzelausstellung im Kunstmuseum Luzern.
Der Künstler arbeitet seit den 1960er Jahren an einer vornehmlich abstrakten Formensprache, sei es im Medium der Zeichnung, in der Malerei (Dispersion auf Leinwand) oder bei Gestaltungen am oder im Bau. Obwohl die wenigen Ausnahmen figurativer Szenerie oder figurativer Allusionen überraschen, fügen sie sich sinnvoll in sein Gesamtwerk ein. Die Fotografie, der sich der Künstler ebenso widmet, sucht, ähnlich wie die Malerei, doch aufgrund realer, ausgesuchter Bilder, Geisteshaltungen zu vermitteln.
Federles seit Mitte der 70er Jahre mehrheitlich grossformatige Bilder befinden sich im Spannungsfeld zwischen zeichenhafter Formsymbolik und gegenstandsloser Komposition mit malerischem Eigenleben, das bis hin zu expressiver Intensität führen kann.
Pate für seine konstruktiv-geometrischen Auseinandersetzungen findet der Künstler nicht nur in der europäischen Kultur der Klassischen Moderne - Kasimir Malewitsch, Piet Mondrian, El Lissitzky, Theo van Doesburg, Paul Klee - sowie in den geometrischen Tendenzen der internationalen Gegenwartskunst - Barnett Newman, Mark Rothko, Frank Stella, Clyfford Still -, sondern auch bei prähistorischen Kulturen aus dem asiatischen und südamerikanischen Raum. Schliesslich kann sein Werk ebenso in Zusammenhang mit einer erneuten zeitgenössischen Auseinandersetzung mit dem geometrischen Vokabular (neo-konstruktiv, Neo Geo) gesehen werden, wobei seine Auseinandersetzungen in diesem Umfeld als atypisch erscheinen.
Ausgangspunkt in Federles kompositorischen Recherchen bilden seine eigenen Initialen H, M und F, die zu autobiographischen Körperzeichen werden, aber auch der geometrische Formenkanon (Kreis, Oval, Rechteck, Dreieck, Vieleck, Spirale, Mäander) sowie in der Folge reduzierte Formen asiatischer Schriftzeichen. So bedient sich der Künstler einer alten Formenstruktur, um ein eigenes ästhetisches Wertesystem, um Situationsbilder und somit neue semantische Strukturen zu errichten. Seine Kunst setzt indes nicht auf einen ideellen, utopischen Überbau zur Veränderung der Gesellschaft. Vielmehr glaubt er, dass die Gesellschaft, wie sie ist, bereits alle Möglichkeiten beinhaltet. Anhand kleinformatiger Zeichnungen, die sich im Wesentlichen mit Strukturen und Feldern auseinandersetzen und die Figur-Grund-Wahrnehmung von neuem thematisieren, kann Federles Formfindung nachvollzogen werden. In den Zeichnungen werden die Variationen der bildnerischen Möglichkeiten und des gedanklichen Kosmos durchgespielt. Die Auseinandersetzung mit der Komposition ist ein zentrales Anliegen von Federles Kunstwollen, das auf eine sehr limitierte Farbpalette, vornehmlich aus Gelb-, Grau- und Schwarztönen, setzt und aus mehreren dünnen Farbschichten aufgebaut ist: Gewichte setzen, Intentionen vermitteln, Relationen - Temperatur und Gewicht von Farbfeldern - einander gegenüber stellen, Spannung fühlbar machen. Seine Werke sind nicht unverrückbar. Oft wirken sie ungleichgewichtig, evozieren Spannungen. Nicht selten spürt man dem Prozess der Bildfindung nach, was durch mehrmaliges Übermalen zusätzlich sichtbar wird. Zugleich interessiert Federle die spirituelle Ausstrahlung eines Zeichens und seiner geometrischen Komposition, die nicht nur in der Abstraktion, sondern ebenso in einer Naturverbundenheit und Mystik wurzelt. Dass somit etwas dargestellt wird, belegen nicht nur die Bilder, sondern auch die Titel, die viele seiner Arbeiten tragen.
Steht noch in den 80er und 90er Jahren die Auseinandersetzung mit der Labilität der Komposition und eine Palette gedämpfter, stumpfer Farbigkeit oder dunkler Balkenstrukturen im Vordergrund, so wird im folgenden Jahrzehnt die Thematisierung des Malerischen in einer zunehmend heller werdenden Leere und Vereinzelungen der Formen immer gewichtiger:
Monochromie respektive Malfelder aus orthogonal oder diagonal aufgebauten Strukturen auf ungrundierter Leinwand entstehen und wirken in seiner Auseinandersetzung mit dem Geistigen mit. Federle sieht in seinem Gesamtwerk weniger lineares Fortschreiten denn strukturelle Repetitionen, um ein Thema weiterzuführen. Seine zahlreichen Reisen in unterschiedlichste Regionen haben dabei seinen Geist mit Freiheit, Unabhängigkeit, Unbekanntem, Sehnsucht nach Verständnis, aber auch Heimatlosigkeit, geprägt. Seine Heimat ist die Kunst, die er mit spirituellem Gehalt erfüllt.
Neben Federles Auseinandersetzung mit dem autonomen Bildwerk interessiert den Künstler ebenso die Architektur. Verschiedentlich arbeitete er mit Diener & Diener, so beim Novartis Campus in Basel (2005) sowie bereits bei der Schweizer Botschaft in Berlin (1991/91). Seine Wandgestaltung für den Eingangsbereich des Museums Rietberg vereint in stimmiger Weise Geometrie und Geist.
Mit seinen abstrakt-geometrischen Werken wird Federle innerhalb der Kreise konstruktiver Kunst als Aussenseiter wahrgenommen. Sein Werk, das internationales Renommee geniesst, ist in bedeutenden Schweizer aber auch internationalen Sammlungen, wie Centre Pompidou in Paris, Tate Gallery in London, Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia in Madrid, Institut Valencià d'Art Modern (IVAM) oder MoMA in New York vertreten.
Esther Maria Jungo
Werke sortiert nach Titel ↑JahrGattung
Bild | Informationen | Beschreibung |
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Helmut Federle Ohne Titel1980 Dispersion auf Leinwand Masse 236,4 x 393 cm Malerei |
Das grossformatige, fast 4 Meter breite Werk Ohne Titel entsteht 1980 in New York als eines der ersten grossformatigen Bilder Federles, unter dem Eindruck der Grossformate Mark Rothkos, Barnett Newmans und Clyfford Stills. Es stammt aus der gleichen Zeitspanne wie Asian Sign, das sich in der Sammlung des Museum für Gegenwartskunst in... [ Weiter ] |
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Helmut Federle Okkochi/KasuriAcryl auf Leinwand Masse 280 x 176 cm Malerei |
Helmut Federle (*1944) Okkochi/Kasuri, 2004 Acryl auf Leinwand, 280 x 176 cm [ Weiter ] |