Bethlehemacker 23.9.82, 23.9.1982

Bethlehemacker 23.9.82, 1982, Jean-Frédéric  Schnyder

Die Serie der Berner Veduten, die sich auf die Kleinmeister des 18. und 19. Jahrhunderts bezieht, ist ein nicht geschlossener, umfangreicher Werkkomplex, in welchem Jean-Frédéric Schnyder als kleinbürgerlicher Werktagsmaler in der Tradition der Pleinair-Malerei die Umgebung seines damaligen Wohnortes festhält: Das Berner Münster, aber auch Aussenquartiere und Randgebiete, wie Morgenstrasse, Bethlehemacker, Egelmösli, Hunzikenau, M Breitenrainplatz... . Aus der damaligen atelierlosen Not eine Tugend machend, wandelt sich der Künstler zum Pleinairisten und arbeitet, auf Rat seines Freundes Dieter Roth, tagtäglich, um es zu etwas zu bringen und abends mit gutem Appetit nach einem langen Tag an der frischen Luft nach Hause zu kommen. 4-5 Bilder pro Woche malt er, für jedes benötigt er 2-3 Stunden, die Kommentare der Passanten an den Maler inclus. Es entstehen 126 moderne Landschaften. Es brillieren und bluffen in Öl auf kleinformatigen Trägern pastos und schmissig mit Spachtel „als praktischstes Verfahren" und Pinsel aufgetragene Interpretationen des Gesehenen, die auf der Kippe zum schlechten Geschmack balancieren und das Auge fesseln. Das grosse orangefarbene M schwebt atmosphärisch auf tiefblauem Grund über dem funktionalen Baukörper, währenddessen im Innern des Gebäudes Leben pulsiert. Quer durch die abendlich leuchtende Morgenstrasse wirkt ein rotes Signalzeichen. Unmut und Wut haben das Werk mit Druck aus der roten Tube zum Meisterwerk gemacht. Beim Bethlehemacker erhebt sich gleichsam eine Symphonie in trübem Grau. Schöner kann das Leben an den Rändern Berns durch die handwerkliche Meisterschaft des Künstlers nicht sein.

"Die vielen W's: wozu? warum? für wen? Ich habe es bisher kaum weitergebracht, als mir vorzustellen, dass diese Bilder in der guten bürgerlichen Stube hängen können mit ihrer >Botschaft<, die vielleicht aus irgendeiner kleinen Welt heraus ab und zu aufgenommen wird. Es ist mir auch wohl dabei, wenn ich denke, dass ein Bild bei Leuten zu Hause, dort wo sie leben, irgendwie nützlich sein könnte. Bei einer Platzierung im Museum, wo die Sachen anspruchsvoller werden und quasi atombombensicher aufbewahrt werden, bekomme ich eher ein schlechtes Gewissen, da fühle ich mich schon nahe bei Rousseau und den Sonntagsmalern." (Jean-Frédéric Schnyder)

 

EMJ

 

Künstler
Jean-Frédéric Schnyder
Gattung
Malerei
Material
Öl auf Leinwand
Masse
36,2 x 51 cm
Standort
Ge 1: Gitter Provisorisch
Inventarnummer
G 03.045
Credits
Schenkung Stiftung Kunst Heute, 2003
Provenienz
beim Künstler, 1986
Ausstellungsgeschichte

Kunstmuseum Bern, 1992

Literatur

Weitere Infos

 

Das Aargauer Kunsthaus Aarau ist im Besitz der grössten Gruppe Berner Veduten.